[Anmerkung: Der folgende Text nimmt immer wieder Bezug auf den vorher geschriebenen Aufsatz Beobachtungen an Singing-Calls. Es wird empfohlen, diesen zuvor zu lesen.]
In diesem Text sollen vor allem die formalen Abläufe der Pattern-Calls dargestellt werden - von der Gestaltung eines Abends bis hinab zu einigen Details im Ablauf einer Einzelsequenz. Danach folgen noch musikalische Beobachtungen. Dieser Aufsatz verfolgt eine rein beschreibende Absicht; er stellt die typischen Fakten dar, wie sie dem Autor als Mainstreamtänzer und -caller begegnen. In wesentlich höheren Tanzlevels ist sicher vieles anders.
Kommentare, bestätigende und abweichende Beobachtungen sind selbstverständlich willkommen und werden möglicherweise in eine spätere Textversion eingearbeitet.
Die typische zweiteilige Tanzfolge im Squaredance (der 'Tip') beginnt üblicherweise mit einem sogenannten 'Pattern-Call', kurz 'Pattern'. Als Musik wird häufig eine zu diesem Zweck produzierte Aufnahme ('Hoedown') verwendet. Der Tanz dauert üblicherweise etwa 10 bis 12 Minuten, worauf dann der Singing Call folgt. Im Mainstream-Level ist die einzige alternative Tanzfolge, die zumindest ansatzweise als etabliert gelten kann, eine Folge von zumeist drei Singing-Calls, was in der Gesamtlänge etwa dem Standarschema entspricht. Allgemein dürfte in diesem Tanzlevel (einmal abgesehen von Unterrichts-Situationen) ein einzelner Pattern-Call ohne abschließenden Singing-Calls als unvollständig und unbefriedigend empfunden werden; dies ist in höheren Levels ganz anders.
Wenn ich richtig informiert bin, heißt in Australien anders als in Europa und den USA die Tanzfolge nicht Tip, sondern 'Bracket' und besteht gewöhnlich aus zwei Singing Calls mit einem dazwischengeschobenem Pattern. Das ist mir in Europa als Tänzer niemals begegnet; als Caller beginne ich häufig einen Abend mit einem Singing Call, den ich einfach in einen Pattern übergehen lasse, nach dem dann ebenfalls ein Singingcall folgt.
Charakteristisch für den Pattern ist das freie (und heute meist tatsächlich improvisierte) Callen 'nach Sicht', obwohl von einzelnen Callern stellenweise auch Module (auswendig gelernte oder abgelesene Abfolgen) verwendet werden. Viele Caller legen dem einzelnen Tip ein choreographisches Thema zugrunde, das aber mehr als privater Auslöser und Nukleus für die Improvisation dient und so normalerweise von den Tänzern nicht wahrgenommen wird - was es auch nicht soll. Wenn gewünscht, ist im Pattern-Call Gelegenheit, die Tänzer in ungewöhnliche Formationen zu bringen und auch ungewöhliche oder schwierige Call-Abfolgen auszuprobieren und zu üben.
Es liegt nahe, dass der Caller sich Gedanken über den Gesamtablauf der Veranstaltung macht. Auf Specials wird die geplante Struktur häufig vorab auf der fotokopierten Einladung bekannt gemacht: Etwa eine Stunde 'zum Aufwärmen', eine Stunde ausschließlich in einem gegebenen Tanzlevel, eine Workshop-Stunde (die also mehr der Kopfarbeit gewidmet ist), eine Stunde ausschließlich Singing-Calls, eine Stunde mit diesem Caller, eine mit dem anderen oder beiden zusammen, etc.
Ein Clubabend dauert oft insgesamt nur zwei oder zweieinhalb Stunden, doch wird der erfahrene Caller auch hier die Aufmerksamkeitskurve des Tänzers berücksichtigen und versuchen, die einzelnen Tips vom Tanzgefühl voneinander abzugrenzen, auch wenn er die Details dieser Vorplanung normalerweise nicht veröffentlicht.
So wird normalerweise darauf geachtet, den ersten und letzten Tip etwas einfacher zu halten - mit Betonung auf dem Body Flow, nicht der Kopfarbeit. So kann der Tänzer - der oft gerade von der Arbeit kommt - leichter hineinfinden und geht mit einem sicheren Erfolgserlebnis nach Hause. Wenn schwierige Workshoptips mit hoher mentaler Anforderung geplant sind, kann auch zwischendurch ein Erholungstip angebracht sein; in solchen Fällen haben sich Abfolgen bewährt wie etwa: leichter Einstieg - zwei Workshoptips - ein Erholungstip - Workshoptip - leichter Ausklang.
Wie oben beschrieben, besteht die Standard-Tanzfolge im Squaredance (der 'Tip') aus einem Pattern und einem Singing Call. Es wird üblicherweise nicht angestrebt, diese musikalisch zu verbinden (etwa durch stilistisch passende Musik), es wird aber auch nicht ausdrücklich auf Kontrast geachtet. Choreographisch liegt die Verbindung hingegen näher: Auch wenn grundsätzlich der Singing Call einfach der Erholung und der Lust an der flüssigen Bewegung gewidmet ist, kann er sich daneben immer choreografische Abläufe zunutze machen, die im vorhergehenden Pattern geübt worden sind - es liegt auf der Hand, dass ein entsprechender Erfolg an dieser Stelle die Befriedigung des Tänzers durch den gesamte Tip weiter erhöht.
Pattern-Calls setzen sich aus einer Abfolge von einzelnen Sequenzen zusammen, deren jede roh zwischen einer halben und zwei Minuten dauert. Gegen Ende der Sequenz erreicht jedes Paar wieder seine Ausgangsposition und wartet wenige Sekunden. Das korrekte Heimkommen wird als Gelingen der Sequenz gewertet. (Es scheint kein Fachausdruck für eine solche 'Sequenz' zu existieren; am ehesten dürfte das englische routine verwendet werden, das aber offenbar in der Bedeutung nicht scharf abgegrenzt ist).
Wenn ich Al Stevens richtig verstanden habe, wurden in den Siebziger Jahren die Einzelsequenzen immer länger und haben seitdem wieder die Tendenz, kürzer zu werden. Man kann dafür ästhetische Gründe anführen; mich würde es nicht wundern, wenn sich herausstellte, dass die durchschnittlichen Längen dieser Routinen jeweils mit den Längen durchschnittlicher Gitarrensoli aus der gleichen Zeit korrelieren...
Als eine Art ungeschriebene Regel unterscheidet sich gewöhnlich die erste Sequenz eines Pattern-Calls von allen folgenden, indem sie ausschließlich Kreiscalls verwendet, also auf das Ansprechen der Tänzer als Heads oder Sides ganz verzichtet. Diese erste Sequenz ähnelt in mancher Beziehung dem 'Opener' eines Singing Calls, obwohl sie natürlich in der Länge viel freier ist. In den folgenden Sequenzen ist die Verwendung dieser Kreiscalls eher unüblich (abgesehen von einem einleitenden Four Ladies Chain oder Four Ladies Chain Three Quarters), obwohl durchaus möglich, und obwohl umgekehrt eine Sequenz aus Kreiscalls mitten in oder am Ende eines Patterns nicht als besonders auffällig wahrgenommen wird.
Es liegt nahe, nach dem kreisorientierten Beginn die allererste Sequenz etwas leichter zu callen (da sich die Tänzer - und möglicherweise auch der Caller - noch über ihre Home-Position und über die Eigenarten und Fähigkeiten der Mittänzer orientieren müssen); ähnlich wird am Endes des Patterns eine eher einfache Schlusssequenz, die erfolgreich gemeistert wird, beim Tänzer zu einem befriedigenderen Tanzerlebis führen.
Im allgemeinen ist heute die erste Sequenz deutlich kürzer als die folgenden; sie wird tendenziell anscheinend weniger nach Sicht gecallt als vielmehr als auswendig gelerntes, festes Modul. Meist bleiben die Tänzer eine Zeitlang im drehenden Kreis (gegebenenfalls im Gänsemarsch) oder in der kreisähnlichen Formation Alamo Ring, oder sie bilden einen vorwärts oder rückwärts drehenden Stern ('Star' beziehungsweise 'Thar'); nach mehrfachem Partnertausch ist bald wieder der eigene Originalpartner erreicht, und damit ist diese Sequenz normalerweise im wesentlichen abgeschlossen; das Ende wird oft noch ein wenig verzögert, aber mit Verlassen der genannten Formation ist der choreographische Höhepunkt dieser Sequenz eigentlich üblicherweise schon vorbei.
(Der Call Grand Square, der sich hier ebenfalls sehr anbieten würde, wird im Pattern wesentlich seltener verwendet als im Singing Call - wahrscheinlich, weil es nicht ganz einfach ist, seinen Beginn exakt auf den Anfang einer Viertaktgruppe zu plazieren - und nur so bietet der Call ein befriedigendes Tanzerlebnis.)
Diese Sequenz schließt fast immer mit der Promenade ab, da sich bei den vorhergehenden Calls die verschiedenen Squares in unterschiedlichem Winkel gegen den Raum verdreht haben und daher eine In-Place-Auflösung (siehe unten) auf technische Grenzen stößt (und wohl aus stilistischen Gründen auch gar nicht unbedingt angestrebt wird).
Grundsätzlich scheint der Verwendung von Kreiscalls etwas leicht Altertümliches und vielleicht geradezu Hausbackenes anzuhaften; die meisten Caller konzentrieren sich mehr auf die darauf folgenden Abschnitte des Tips. Obwohl die wenigsten Tänzer es unmittelbar zugeben werden, hat der Beginn eines Tips immer wieder etwas etwas von einer lästigen, manchmal fast rituellen Pflichterfüllung. Die choreographischen Möglichkeiten sind doch eher begrenzt, die Calls wirken auch optisch altmodisch und beschränkt. Die Vorgänge sind grundsätzlich noch am ehesten durch Directional Calls (also unstandardisierte, direkte 'Klartext'-Anweisungen) erweiterbar, die aber vor allem deshalb unbeliebt zu sein scheinen, weil sie regelmäßig von einem Teil der Tänzer überhört oder nicht verstanden werden.
Wie erwähnt, werden nun im weitere Verlauf die Kreiscalls eher selten eingesetzt. Alle folgenden Sequenzen beginnen also mit dem erwähnten Ansprechen (Callerjargon: 'Aktivieren') entweder der Head- oder der Side-Tänzer, dem meist lediglich ein Four Ladies Chain vorausgehen kann; danach werden die Tänzer fließend und möglichst ohne Pause durch die verschiedensten Formationen geführt. Ständig wechseln nun auch die Partner, so dass nach kurzer Zeit weder den Tänzern noch eventuellen Zuschauern die augenblickliche genaue Struktur des Squares bekannt ist. Ein Teil der Magie liegt in der scheinbaren Mühelosigkeit, mit der der Caller die Tänzer in ständiger Bewegung hält und zum Ende der Sequenz den Square wieder 'auflöst', das heißt, die Tänzer wieder zum Partner und zur Heimatposition bringt.
Technisch funktioniert dieses 'Auflösen des Squares' meist durch ein schrittweises Überführen der Tänzer in eine bekannte Position, von der aus dann entweder direkt ein Allemande Left möglich ist, oder wo ein auswendiggelerntes Modul in einen der Calls Allemande Left, Right and Left Grand oder Promenade führt - oder selbstverständlich in eine In-Place-Auflösung.
Denn grundsätzlich gibt es zwei immer deutlich unterscheidbare Typen, wie ein Paar die Heimposition erreichen kann: Per Promenade und 'In Place'. Eine Art Mittelweg stellt - als dritte Variante - noch das Right and Left Grand dar, wenn es auf der Homeposition der Tänzer endet.
Bei der ersten Möglichkeit genügt es, wenn der Caller die Tänzer 'irgendwo' auf der Tanzfläche mit ihrem Partner in der richtigen Reihenfolge zusammenbringt. Der Call Promenade führt die Paare dann 'automatisch' in Tanzrichtung um den Square, bis sie - mehr oder weniger gleichzeitig - auf der Heimatposition einschwenken und sich dort zur Mitte ausrichten. In über 90 Prozent der Fälle wird das Promenade durch ein Allemande Left erreicht; dazwischen dürfen noch Right and Left Grand und/oder Swing eingeschoben werden (der Call Swing tritt jedoch im Pattern deutlich seltener auf als in Singing Calls), es gibt selbstverständlich noch einige wenige weitere Varianten.
Bei den In-Place-Auflösungen werden die Tänzer überraschend zu ihrer Homeposition geführt; je nach Erfahrung bemerken sie dies sogar erst nach ein paar Sekunden. Obwohl diese Technik weit höhere Ansprüche an den Caller stellt, wird üblicherweise nicht etwa angestrebt, einen ganzen Abend nur mit In-Place-Ausgängen zu gestalten, da für Tänzer die Promenade erfahrungsgemäß einen wichtige Ruhepunkt darstellt.
Grundsätzlich darf man unterscheiden zwischen erwarteten Calls, die dem Tänzer primär das sinnliche Erlebnis der flüssigen Bewegung gestatten, da sie ohne Pause umgesetzt werden können, und intellektuellen Herausforderungen, die eigentlich immer zur Unterbrechung des Tanzflusses führen - also etwa Calls aus ungewöhlichen Positionen. Man kann diese Unterscheidung immer treffen, auch wenn die Trennung im Einzelfall selbstverständlich sehr von der Zusammensetzung der Tänzergruppe und von der konkreten Zielsetzung des Callers für den Tip oder die Sequenz abhängt.
Allgemein dürften die Caller erfolgreicher sein, die eine geschickte Mischung der beiden Typen präsentieren. Manche Caller neigen dazu, ganze Tips fast ausschließlich der intellektuellen Herausforderung zu widmen, was nicht bei jedem Tänzer gut ankommt; überzeugend ist wohl der Ratschlag erfahrener Caller, immer nach jeweils fünf bis sechs flüssig aufeinanderfolgende Calls die nächste Denkaufgabe zu stellen, danach den Square wieder mit einer Handvoll leichteren Calls in Bewegung zu bringen, und so weiter.
Der tanzbare Rhythmus ist durch Schlagzeug und (meist) Rhythmusgitarre deutlich hervorgehoben; obwohl grundsätzlich Bluegrass als Stil dominiert, gibt es durchaus Hoedown-Aufnahmen in vielen andere verwandten Stilen. Wie jede Art von Tanz hat auch der Squaredance sein charakteristisches Tempo, von dem nur wenig abgewichen werden kann; das gilt für Pattern ebenso wie für Singing Calls (zu Singing Calls siehe den gesonderten Artikel). Es liegt bei ungefähr 124 bis 130 Zählzeiten (Schlägen, 'Beats') pro Minute. Durch unterschiedlichen Musikstil, unterschiedliche Instrumentation und vor allem auch durch einen charakteristischen Groove (die konkrete Feinaufteilung der Zählzeiten durch den Rhythmus dazwischenliegender Töne) können (und müssen) sich die einzelnen verwendeten Musiken für die verschiedenen Pattern Calls eines Abends unterscheiden; selbstverständlich kann hier auch das Tempo eine Rolle spielen (im angesprochenen engen Rahmen, oder in - seltenen - Einzelfällen auch einmal deutlich und bewusst aus diesem heraus).
Die (selten gestellte) Frage, warum es denn nun 'Pattern Call' heißt, beantworte ich mit der Musik: Die beschriebenen 'Hoedown'-Platten bieten musikalisch eigentlich nur ein sich wiederholendes Muster (englisch 'Pattern') als Basis für den Caller. Es würde mich sehr interessieren, wann und von wem eigentlich die ersten Pattern-Platten produziert wurden. Ich stelle mir vor, dass vor der Existenz derartiger Schallplatten der Caller seine Live-Musiker anwies, einfach ein 'Pattern' zu spielen, also ein sich wiederholendes Muster, das zum Tanzen geeignet ist, sich aber nicht zu auffällig in den Vordergrund drängt und nicht den Anspruch hat, große Formabläufe zu bieten, also große Musik zu sein. Es dürfte sich also schlicht um einen Fachausdruck in der Kommunikation mit einer Band halten: Möglicherweise spielte diese Technik auch in anderen improvisierten Musikstilen eine Rolle, etwa im Big-Band-Jazz, wenn ein improvisierender Solist zu begleiten ist.
Melodieführende Instrumente werden also in derartigen Aufnahmen nur sparsam eingesetzt, da sie wirklich als reine Begleitungen konzipiert und einzig zu diesem Zweck produziert worden sind. Kommen sie doch vor, dann haben sie regelmäßig die Aufgabe, die Form in sechzehntaktige Einheiten zu gliedern, also schlicht durch ihren Einsatz einen klanglichen Reiz zu bieten, um dem Eindruck der Monotonie entgegenzuwirken. Auch eine Geige kann ja durch die Art ihres Einsatzes zu einem Rhythmusinstrument werden kann (repetierte Doppelgriffe in engem Tonumfang, etc). Tontechnisch gesehen, wird durch Verzicht auf Melodieinstrumente genau der Frequenzbereich ausgespart, den die Stimme des Callers abdecken wird.
Obwohl festzuhalten ist, dass die eben beschriebenen Aufnahmen immer noch die beste Callerverständlichkeit garantieren und so die optimale Grundlage darstellen, wenn sich der Tip hauptsächlich auf Kopfarbeit konzentriert, werden alternativ zunehmend auch andere Musikarten eingesetzt - prinzipiell fallen diese in zwei Gruppen:
Zum einen bietet sich Musik an, die ursprünglich für Singing Calls produziert wurde. Vom Arrangement sind diese Aufnahmen im Allgemeinen meist etwas dichter als die Hoedowns; der Caller kennt sie aber gut, weiß, dass Stilistik und Tempo sicher passen werden und geht daher kein Risiko ein. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, wenn es gelingt, den Call Promenade richtig zu plazieren, bei dem rituellen Marsch der Tänzer den Songrefrain mitzusingen, oder auch - an andere Stellen - andere Fragmente des zugrundeliegenden Songs. Der Caller hat durch die Kenntnis des Singing Calls sogar dann, wenn er nicht explizit darüber nachdenkt, eine gute Basis für seine Gesangslinie. Die geringen Abstriche an die Sprachverständlichkeit gegenüber den Hoedown-Aufnahmen werden normalerweise durch die genannten Vorteile mehr als aufgehoben (so lange nicht gerade beabsichtigt ist, in die laufende Musik hinein lange Erklärungen im Klartext abzugeben). Es gibt eine ganze Reihe von Callern, die grundsätzlich Singing-Call-Aufnahmen für ihre Patterns verwenden.
Die andere Möglichkeit ist, Musik zu verwenden, die ursprünglich überhaupt nicht für Squaredance-Zwecke produziert wurde, aber entweder durch einen glücklichen Zufall das geeignete Tempo und die geforderte Durchsichtigkeit besitzt, oder vom Caller mit technischen Hilfsmitteln dazu aufbereitet werden kann. Da der notwendige technische Aufwand dazu unter Umständen hoch ist, kann und will dies nicht jeder Caller leisten, und tatsächlich ist es auch bei augenblicklichem Stand der Technik nicht möglich, aus jedem beliebigen Popsong am Computer per Mausklick eine geeignete Patternaufnahme herzustellen. Dennoch stehen zu diesem Zweck heute selbstverständlich wesentliche leistungsfähigere Methoden zur Verfügung als noch vor wenigen Jahren; genaue Rezepte und Vorgehensweisen für jeden Einzelfall würden hier zu weit führen.
In seltenen Fällen kann auch einfach eine normale Schallplatte oder CD mit aktueller Popmusik ohne weitere Änderung verwendet werden, wenn diese von vorne herein außergewöhnlich durchsichtig produziert wurde oder zumindest der Originaltext nicht zuviel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Im Rounddance werden anscheinend recht häufig Aufnahmen mit dem Originalgesang verwendet, ohne dass dies die Tänzer abzulenken scheint, und es stellt sich die Frage, was die Squaredance-Caller eigentlich davor zurückschrecken lässt - möglicherweise sind die Tänzer es schlicht nicht gewöhnt. Tatsache ist, dass mit zunehmender Verfügbarkeit von Computern und deren ständig verbesserten Möglichkeiten der Gebrauch von Schallplatten rapide zurückgeht; das wird ganz sicher auch Auswirkungen auf die in Zukunft verwendete Musik und auf das angestrebte Klangbild haben. Bereits jetzt gibt es Caller, die überhaupt keine Patternplatte mehr kaufen, sondern sich die notwendige Musik selbst am Computer zurecht schneiden - nicht nur aus käuflichen Karaokeaufnahmen (die normalerweise klanglich leider sehr zu wünschen übrig lassen), sondern auch direkt aus passenden Stellen bekannter Pophits.
Randbemerkung: Im Moment wird im Zusammenhang mit der Verwendung derartiger ursprünglich dem Square Dance fremder Musikstücke vor allem die rechtliche Seite in der Szene stark diskutiert; Scheu der Caller vor unabsehbaren juristischen Konsequenzen dürfte den Einsatz derartiger Musik gerade auch auf großen Veranstaltungen massiv behindern. Es ist sicher schade, dass eine freie und natürliche Weiterentwicklung des Squaredance hier durch die Begehrlichkeiten der Verwertungsgesellschaften (In Deutschland: der GEMA) und der Phonoindustrie systematisch erschwert wird; es ist aber offensichtlich, dass dies nur die Vorboten weit massiverer juristischer Materialschlachten noch um ganz andere Inhalte sind. Das neue EU-Patentrecht macht deutlich, wohin die Reise gehen wird. Die Gesetzesänderungen, die in den USA bereits Realität sind, können durchaus dazu führen, dass einzelne Caller eines Tages Patentansprüche auf 'ihre' Callabfolgen erheben, womit der Squaredance in seiner heute bekannten Form selbstverständlich sofort zum Erliegen käme.
Grundsätzlich muss ein Patterncall nicht gesungen werden; viele Caller sprechen oder rufen die Calls einfach, wobei die gesamte Bandbreite vom unrhythmischen über das exakt rhythmische Sprechen, das Psalmodieren auf einem oder wenigen Tönen bis hin zum Singen richtiger Melodien vorkommt (letzteres nur selten und dann natürlich bei Verwendung von Singingcall-Musik). Dies ist selbstverständlich abhängig von Erfahrung und Fähigkeit des Callers, der Tänzergruppe und - im besten Falle - auch dem Abwechslungsbedürfnis im Verlauf des Abends.
Eine seltsame Eigenart des Squaredance-Callens ist in der Verwendung des Mikrophons zu beobachten: Der Caller hat hier die Möglichkeit, mit dem Daumen die Lautstärke der Musik zu steuern ('Remote Control'). Ursprünglich war dieses Mittel wohl dazu gedacht, besondere Stellen zu unterstreichen, also an Höhepunkten - etwa, wenn der eigene Partner wieder erreicht ist - die Musik lauter stellen zu können. Heute wird es meist im Gegenteil dazu eingesetzt, den Pegel der Musik bei jedem einzelnen Call zu senken und direkt wieder zu erhöhen. Einzelne Caller haben hier eine erstaunliche Geschicklichkeit erreicht; man fragt sich aber, wozu, da die gleiche Wirkung mit elektronischen Mitteln sicher viel leichter erreichbar wäre. Da hier die gesamte Musik inklusive Bassdrum und Bass gedämpft wird, klingt sie bei genauem Zuhören oft seltsam löcherig - bei Übertreibung, die auch bei sehr erfahrenen Callern vorkommt, ist das Ergebnis manchmal geradezu grotesk. Es ist im ersten Moment für den Außenstehenden erstaunlich, wie wenig eine derartige, das Tanzen geradezu ad absurdum führende Mode von den Tänzern kritisiert wird; dies dürfte mit einer im Squaredance allgemein zu beobachtenden Überbetonung der Anforderung an die geistige Arbeit und das Reaktionstempo zusammenhängen, zu Lasten eines rein sinnlichen, entspannten und körperbetonten Tanzens zur Musik.
Es liegt in der Natur des Pattern-Calls, dass generelle Aussagen sehr schwierig sind; sie hängen von Fähigkeiten und persönlichen Eigenarten des Callers und der Tänzergruppe ab - gerade in der Unterschiedlichkeit liegt ein Teil des Reizes. So sind einige der oben dargestellten Beobachtungen nur ganz rohe Hinweise, die sich nicht immer und vor allem nicht bei jedem Caller verifizieren lassen, auch wenn sie dennoch untergründig wirken.
Andere Unterschiede hängen von den Tänzern ab; dazu noch zwei kleine Einzelhinweise.
Tendenziell wird für wenige Squares ein wenig anders gecallt als für eine große Gruppe: Da bei letzterer die Gefahr des Zusammenbruchs größer ist, kann man manchmal beobachten (oder hört es als Empfehlung von erfahrenen Callern), dass mit steigender Tänzerzahl die Einzelsequenzen tendenziell kürzer werden. Umgekehrt gibt es Caller (oder auch lokale Traditionen), die bei einem bis drei Squares den sportlichen Ehrgeiz besitzen, alle Tänzer auch dann auf ihre Homeposition zu führen, wenn diese Fehler gemacht haben. Dies ist normalerweise nur mit Directionals möglich ('in dem Square, der dem Feuerlöscher am nächsten steht, machen die Centers mal einen Two Ladies Chain') und erfordert ein sehr präzises Erinnerungsvermögen, und da ein solcher Versuch natürlich einige Minuten dauern kann, kann er auch einen deutliche formalen Anteil am Tip bekommen. Wird er nicht zu regelmäßig, aber einigermaßen geschickt unternommen, dürfte er als Beweis der Virtuosität des Callers immer mit Extra-Applaus honoriert werden.